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16.04.2021 - Wie jugendliche Straftäter sich und andere vor Corona schützen


In der Justizvollzugsanstalt Stadelheim herrschen seit Corona-Ausbruch ebenso strikte Hygienevorschriften wie "draußen" in der Münchner Öffentlichkeit. Quarantäne, Testungen, FFP2-Masken – damit sich das Virus auch auf der Jugendstation nicht ausbreitet, zeigen sich die jugendlichen Straftäter verantwortungsvoll.

Bevor die Jugendlichen auf Station kommen und ihre Zellen beziehen, müssen sie in Quarantäne und zweimal negativ auf Corona getestet worden sein. Fotos: JVA Stadelheim
Corona macht auch vor Gefängnistoren nicht Halt. Deshalb müssen die Beschäftigten und Inhaftierten in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim überall dort, wo sie anderen Menschen begegnen könnten, Maske tragen: im Treppenhaus, in den Werkstätten, im Hof. Auf der Station, auf der sich die Hafträume befinden, gelten die Inhaftierten als ein Hausstand. Hier können sie sich ohne Maske bewegen. 

"Wie in den Pflege- und Seniorenheimen sind gerade wir Beschäftigten eine Gefahr für die Häftlinge. Wenn, dann bringen wir oder neue Inhaftierte das Virus von draußen rein", sagt Anja Moser. Moser betreut als Sozialpädagogin in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim 20 straffällig gewordenen junge Männer zwischen 14 und 21 Jahren. 

Alle Straftäter müssen, bevor sie auf die Stationen kommen, in Quarantäne und werden dort zweimal auf Corona getestet. Jeder Inhaftierte bekommt FFP2-Masken, die er außerhalb seiner Station und im Kontakt mit den Bediensteten tragen muss. "Viele von den Jungs haben ihre Masken bunt bemalt. Und damit die Masken auch am nächsten Morgen noch gut riechen, legen sie oft abends ein Päckchen Vanillezucker hinein", verrät Anja Moser. Den Vanillezucker müssen die jungen Männer allerdings extra für diesen Zweck kaufen.
 

Anja Moser betreut in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim 20 straffällig gewordene junge Männer. Foto: KJF/privat
Besuch als große Stütze

Die Unsicherheit, die im Frühjahr während des ersten Lockdowns herrschte, ist Anfang 2021 weitgehend gewichen. Die Besuchsregelungen haben sich eingespielt, die Gerichtsverhandlungen finden weiter statt und wie sich die Welt draußen arrangiert mit allen Regeln und Vorgaben, so ist es auch in Stadelheim: Es geht schon irgendwie. 

Zwar wurden die Besuchsmöglichkeiten eingeschränkt und es dürfen nur mehr Eltern, Anwälte und Beschäftigte des Jugendamts kommen, aber das funktioniert gut. "Für die Jungs, die oft das erste Mal über Wochen von ihren Eltern getrennt sind, ist das eine große Stütze", so Anja Moser. "Es ist wie draußen: Niemand findet die Einschränkungen toll, aber die allermeisten können sie verstehen und versuchen, sich an alle Regeln zu halten. Die Gefangenen sind bemüht, sich und andere nicht zu gefährden. Sie sind sich darüber im Klaren, wie man sich anstecken kann und wollen auch ihren Teil dazu beitragen, dass wir dieses Virus in den Griff bekommen." 

Text: Angelika Slagman
 

Das Gebäude der JVA in Stadelheim. Foto: JVA Stadelheim
Gefährdetenhilfe in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim

Auf Station N2b, der "Welpenstation" der Justizvollzugsanstalt (JVA) München-Stadelheim, sind 20 Jugendliche und junge Männer zwischen 14 und 21 Jahren in Untersuchungshaft. Seit 18 Jahren arbeitet die Sozialpädagogin Anja Moser bei der Katholischen Jugendfürsorge Erzdiözese München auf Station. Sie sieht ihre Aufgabe darin, die jungen Menschen in ihrer schwierigen Situation zu begleiten, ihnen mit Würde zu begegnen und nicht über sie zu urteilen. Neben der Betreuung der jungen Männer fungiert Moser in der JVA Stadelheim auch als Drogenberaterin.