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15.03.2021 - Spielverderber Corona - Eine Erzieherin berichtet aus dem Salberghaus


Jahrzehntelange Erfahrung hilft bei der Bewältigung der Krise, ebenso Anpassungs- und Leidensfähigkeit. Allerdings bürdet das Virus auch den Kindern einiges auf. Eine Erzieherin des Salberghauses berichtet von ihrer Arbeit in Zeiten der Pandemie.
 

Marion Gabriel arbeitet seit 32 Jahren als Erzieherin im Salberghaus in Putzbrunn. Alle Fotos: Gabriele Heigl/KJF
 
Wäre Corona nicht, würde Marion Gabriel (56) ihrer Arbeit als "Vollzeit-Springerin" im Putzbrunner Salberghaus nachgehen. Sie würde im Schichtbetrieb in den verschiedenen Gruppen jeweils dort eingesetzt sein, wo sie gerade gebraucht würde. Solch ein abwechslungsreicher Einsatz gefällt der gelernten Erzieherin. Seit 32 Jahren arbeitet sie im Salberghaus, war viele Jahre stellvertretende Gruppenleiterin und seit einer Erkrankung schließlich als Springerin im Einsatz.
"Die Kinder können erstaunlich viel an den Augen ablesen."
Marion Gabriel, Erzieherin im Salberghaus

Seit einiger Zeit arbeitet sie aber überwiegend in der Nachtbereitschaft und momentan nur in zwei Gruppen: der Sieben-Zwerge- und der Sonnenblumen-Gruppe. Da sie gesundheitlich vorbelastet ist, muss sie ihre Kontakte so weit wie möglich einschränken. In der Sieben-Zwerge-Gruppe sind sieben Kinder im Alter zwischen Null und sieben Jahren. Beim Schichtwechsel trifft sie eine Kollegin, Kontakte mit den Eltern hat sie nachts nicht. Darüber hinaus arbeitet sie die ganze Zeit mit FFP2-Maske. Ist das nicht sehr belastend für sie? "Im Gegenteil", meint sie, "ich bin dankbar dafür, dass ich wegen dieser Maskenlösung arbeiten gehen kann." Im Krankenstand zu sein sei nichts für sie. Und auch für die kleinen Kinder sei das kein Problem. "Die können erstaunlich viel an den Augen ablesen." Sie habe da interessante Erfahrungen gemacht. Lediglich beim Büchervorlesen gehe ihr manchmal die Luft aus.
Kürzere Besuchszeiten für die Eltern

Mit Beginn der Pandemie vor einem Jahr hat sich auch für die Kinder viel verändert. Zunächst gab es keinerlei Elternkontakte mehr. Digitale "Treffen" und Telefonanrufe waren die Notlösung. Die Eltern hätten das verstehen können, aber vor allem die kleineren Kinder hätten natürlich unter der notwendigen Regelung gelitten, so Marion Gabriel. Inzwischen dürfen die Mütter und Väter ihre Kinder zwar wieder besuchen, aber nur unter eingeschränkten Bedingungen. Für jede Gruppe und jedes Elternteil müssen vom Salberghaus-Team Räume gebucht werden. 
 
Ablauf der Nachtbereitschaft in den Gruppen
17:00 Uhr Dienstbeginn
17:00 bis 19:00 Uhr Die Kinder essen zu Abend, werden im Bad für die Nacht fertiggemacht, Buchvorlesen etc.
Ab 19:00 Uhr Bettruhe, ältere Kinder dürfen auch bis 19:30 Uhr aufbleiben. Ab diesem Zeitpunkt nur noch eine Erzieherin
Bis 21:00 Uhr aufräumen und Erledigungen im Bereitschaftszimmer
Bis 6:00 Uhr Ruhezeit. Gelegentlich wird ein- bis zweimal ein Kind in der Nacht wach.
6:00 Uhr Aufstehen, ins Bad, Frühstück vorbereiten
Ab 7:00 Uhr Kinder wecken, Brotzeit für die Schulkinder herrichten
8:00 Uhr Die Kollegin vom Frühdienst kommt. Gemeinsames Frühstück mit den Kindern. 
9:00 Uhr Dienstschluss

Eines der Besuchszimmer, die während der Pandemie für Besuche der Eltern vom Salberghaus-Team gebucht werden müssen. 
 

Hier können die Eltern mit ihren Kindern Zeit verbringen und spielen.
Maske auch während der Besuchszeiten

Ein Elternteil darf mit einem Kind zusammenkommen. Eine Erzieherin muss die Mutter oder den Vater am Eingang abholen und zum Raum begleiten. Danach holt sie das Kind aus der Gruppe. Während vieler Treffen müssen die Mitarbeitenden dann im Raum bleiben und auch darauf achten, dass die Eltern die Maske nicht abnehmen. Währenddessen ist die zweite Kollegin in der Gruppe auf sich allein gestellt. Die Besuchszeit wurde von zweieinhalb Stunden vor Corona auf eine Dreiviertelstunde gekürzt. "Da sind die Spielsachen kaum herausgeholt, und schon müssen sie wieder eingepackt werden", so Marion Gabriel. Selbstverständlich muss das mitgebrachte Spielzeug nach dem Besuch desinfiziert werden. 

Um die Kinder nicht zu gefährden, müssen sie in der jeweiligen Gruppe unter sich bleiben. Die gegenseitigen, sehr beliebten Besuche sind derzeit nicht möglich. Und auch im Garten sind Bereiche für die Gruppen abgetrennt. "Das ist traurig für die Kinder", so Marion Gabriel, sie würden so gerne auch mal wieder zusammenspielen. Corona als Spielverderber und ewige Nervensäge. Aber das Salberghaus-Team hält tapfer dagegen.

Text: Gabriele Heigl, KJF-Pressesprecherin
 

In keiner KJF-Einrichtung sind die Betreuten jünger: Das Salberghaus in Putzbrunn. Foto: Gabriele Heigl/KJF

Unsere Einrichtung: Salberghaus
Das Salberghaus ist eine fachlich anerkannte Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung mit vielfältigen stationären, teilstationären und ambulanten Angeboten für Kinder im Alter von Null bis zehn Jahren. Neben der Betreuung und Förderung der Kinder stellt die Beratung, Begleitung und Unterstützung von Eltern und Familien einen wichtigen Bestandteil der Arbeit dar. Das Angebot umfasst Therapeutische Wohngruppen, eine Notaufnahme, Fachdienste, eine Heilpädagogische Tagesstätte, Kindertageseinrichtungen und eine Pädagogische Familienhilfe. Engagierte Fachkräfte wie ErzieherInnen, TherapeutInnen, SozialpädagogInnen und PsychologInnen bieten etwa 330 Kindern Geborgenheit, ein stabiles Beziehungsangebot und einen guten Platz zum Großwerden. Darüber hinaus werden etwa 160 weitere Familien mit vorwiegend kleinen Kindern in Form von Hausbesuchen unterstützt.