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06.04.2022 - Neuer Leiter bei SBW-Flexible Hilfen: "Es gefällt mir, Dinge ins Laufen zu bringen"


Volker Hofmann ist seit Anfang Februar der neue Einrichtungsleiter der SBW-Flexiblen Hilfen. Er ist kein Neuling in der KJF, arbeitete er doch zuvor schon seit 2007 bei der KJF-Einrichtung Jugendhilfe Nord. In diesem Interview äußert er sich zu den Themen Status, Personalführung und Krisenmanagement, und warum die Einrichtung für ihn wie ein "quirliger Bauchladen" ist.

Hat am 1. Februar 2022 die Leitung der KJF-Einrichtung SBW-Flexible Hilfen übernommen: Volker Hofmann. Foto: Gabriele Heigl/KJF
Zum Zeitpunkt des Gesprächs im Februar 2022 ist Volker Hofmann sozusagen noch als Springer unterwegs und arbeitet teils in Freising an seiner alten Stelle bei der Jugendhilfe Nord, wo er einen guten Übergang organisieren möchte. Teils ist er aber auch schon als Einrichtungsleiter von SBW-Flexible Hilfen in München im Einsatz, seine neue Position. Man merkt, dass er derzeit viele Bälle jonglieren muss. Die SBW-Flexible Hilfen umfasst über 70 verschiedene Einheiten und größere Häuser, es warten also mächtige Aufgaben auf ihn. Vor dem Gespräch signalisiert Volker Hofmann Zeitmangel. Aber dann nimmt er sich doch fast zwei Stunden Zeit, um zu erläutern, was ihn antreibt, und was er erreichen möchte.

Sie haben zuletzt acht Jahre für die KJF-Einrichtung Jugendhilfe Nord gearbeitet. Warum haben Sie dort jetzt aufgehört?
Volker Hofmann: In meinen achteinhalb Jahren bei der Jugendhilfe Nord konnte ich einiges bewegen, zuletzt in der Bereichsleitung des Kinderheims St. Klara. Salopp gesagt, läuft der Laden jetzt anders. Er braucht mich nicht mehr. Ich konnte die Aufgabe also gut an meine Kollegin Christiane Bosse-Keyser abgeben und mich Neuem zuwenden. Generell kann ich sagen, dass es mir gefällt, Dinge ins Laufen zu bringen. 

Sie suchten also die neue Herausforderung?
Der Gedanke, eine Leitung zu übernehmen, ist schon im Jahr 2019 aufgeploppt. Es soll nicht abwertend klingen, aber ich mag solche quirligen Bauchläden wie die SBW-Flexible Hilfen es sind. Es gibt dort so eine Fülle von Möglichkeiten und natürlich auch viele interessante unterschiedliche Charaktere. Als ich mitbekommen habe, dass Uwe Eirenschmalz (der bisherige Leiter, d. Red.) aufhört, habe ich meinen Hut in den Ring geworfen.

Sind Sie immer so entscheidungsfreudig?
Ich bin auf jeden Fall nicht so der Büro-sitz-Typ. Ich habe aber schon gerne außer einem Plan A auch noch einen Plan B, C, D. Das heißt, ich habe die Sache schon vorgedacht, um in der auftretenden Situation dann schnell reagieren zu können.

Sind Sie ein machtbewusster Mensch - wie wichtig ist Ihnen Hierarchie?
Macht und Status interessieren mich nicht. Ich bin ein Freund von Konsens-Systemen. Für die braucht es kompetente Menschen, die man aber auch alle im Boot haben sollte. Ich sehe mich als Dienstleister der Mitarbeitenden, das heißt, ich muss sie in die Lage versetzen, dass sie ihre beste Leistung erbringen können. Dazu muss von oben bis unten Transparenz herrschen. Alle sollen Einblick bekommen. Das hilft auch mir, nichts zu übersehen. Darüber hinaus habe ich keine Angst vor schwierigen Entscheidungen. Ich habe Rückschritte eingeplant, um daraus zu lernen.
 

"Ich sehe mich als Dienstleister der Mitarbeitenden, das heißt, ich muss sie in die Lage versetzen, dass sie ihre beste Leistung erbringen können."

Volker Hofmann, Einrichtungsleiter SBW-Flexible Hilfen
Zur Person
Volker Hofmann (52) wurde in Gera geboren, wuchs in Ilmenau auf und studierte nach seiner schulischen Ausbildung zunächst Mathematik und Physik, später dann Soziale Arbeit in Erfurt. Parallel arbeitete er mit geistig und körperlich Schwerbehinderten. 2002 zog er mit seiner Familie nach München. Hier arbeitete er als Leiter des Jugendzentrums Eching in der Gemeinde Eching und übernahm zusätzlich freiberuflich das Antiaggressionstraining bei der KJF-Einrichtung Jugendhilfe Nord in Freising, wo er 2008 schließlich fest einstieg. 2013 wurde ihm die pädagogische Leitung des Freisinger Kinderheims St. Klara übertragen; 2020 übernahm er dessen Bereichsleitung. Anfang 2022 übernahm er nach dem Weggang von Uwe Eirenschmalz die Leitung der Einrichtung SBW-Flexible Hilfen. Er gehört seit Jahren der Mitarbeitervertretung an und sitzt derzeit im Wirtschaftsausschuss der erweiterten eGMAV. Volker Hofmann wohnt mit seiner Familie in Markt Schwaben und hat zwei halbwüchsige Jungs. In seiner Freizeit paddelt und campt er und fährt gerne Fahrrad. Lieblingsurlaubsziele: Griechenland, Italien und Ostasien.

Ein mutiger Ansatz.
Ich bin in Ilmenau aufgewachsen und erlebte durch die Wende den klassischen Bruch der Lebensplanung. Dieser großen Desorientierung, die viele Ostdeutsche erfuhren, musste man irgendwie begegnen. Dabei ist es mir mehrmals gelungen, Konventionen über Bord zu werfen und Vorgegebenes zu hinterfragen. Wenn von oben eine Anweisung kommt, muss sie dann richtig sein? Macht die Sache auch wirklich Sinn? Was sind die Alternativen? Das sind Fragen, die ich mir stelle, und die sich auch meine Mitarbeitenden stellen sollen. Wichtig ist es mir, diejenigen, die die Arbeit machen, zu unterstützen und sie zu motivieren, auch einmal neue Wege zu gehen. Das Arbeitsergebnis ist es, das zählt.

Was sind die ersten Schritte, die Sie in der neuen Aufgabe gehen werden?
Zunächst muss ich mir natürlich einen Überblick verschaffen. Ich brauche Antworten auf die Fragen: Funktioniert der Stellenplan? Wie sieht es mit der Refinanzierung unserer Angebote aus? Ist alles ordnungsgemäß verortet? Parallel dazu muss ich mit den Mitarbeitenden Gespräche führen, ihnen skizzieren, wie ich ticke. Dazu kommen natürlich die Verwaltungsthemen. Außerdem muss ich auch eine stellvertretende Einrichtungsleitung aufbauen. Weiterhin ist eines meiner wichtigsten Anliegen, Mitarbeitende neugierig zu machen für die Entwicklung in eine gemeinsame Zukunft.

Wo sehen Sie Probleme auf sich zukommen?
Zum einen sind da natürlich die Finanzen. Unsere Pflichtaufgaben müssen so refinanziert sein, dass die schwarze Null zu verbuchen ist. Nur so haben wir eine Chance. In diesem Zusammenhang wird es wichtig werden, den Mitarbeitenden Sachzwänge zu erklären, ihnen Selbstwirksamkeit und Rückendeckung zu vermitteln. Aber ein 'Wir haben es immer so gemacht' lasse ich nicht gelten. Bekanntermaßen gestaltet sich die Personalsuche in sozialen Einrichtungen schwierig. Gute Fachkräfte zu finden ist definitiv eine der großen Herausforderungen. Darüber hinaus weiß ich noch nicht, welche schwierigen Themen auf mich zukommen werden. Aber ich kann Krisenmanagement und sehe daher einer Krise gelassen entgegen. 

Interview: Gabriele Heigl, KJF-Pressesprecherin
Unsere Einrichtung: SBW-Flexible Hilfen München

Neben mehreren anderen Einrichtungen etwa im Eltern-Kind-Bereich bieten "SBW-Flexible Hilfen München" Unterstützung in mehreren Betreutes-Wohnen-Angeboten für junge Menschen. SBW steht für sozialpädagogisch betreutes Wohnen. In mehreren zentral gelegenen Gebäuden in der Stadt werden weibliche und männliche Jugendliche - darunter auch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge - individuell betreut. Im Fokus stehen Jugendliche und junge Erwachsene in besonderen sozialen Schwierigkeiten, die aus Familien oder anderen Lebenskontexten kommen, in denen sie keine angemessene Förderung beziehungsweise Unterstützung erhalten und dort in der Regel nicht mehr bleiben können oder wollen. Die individuellen Betreuungsangebote umfassen unter anderem regelmäßige Einzel- und Gruppengespräche, Betreuung vor Ort in den Wohneinheiten und in der Kontaktstelle, psychosoziale Hilfen, Krisenintervention, alltagspraktische Hilfen und lebenspraktische Förderung, soziale Gruppenarbeit, Angehörigenarbeit sowie eine ambulante Nachbetreuung. Die Regelbetreuung beträgt 10 Stunden pro Woche, ist aber nach Bedarf flexibel veränderbar zwischen 5 und 15 Stunden.