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07.05.2021 - „Mach Dich schlau!“ – Die Lernwerkstatt der AEH Sendling


Wie funktioniert das eigentlich, das Lernen? Wo liegen meine Stärken? Kann es wirklich sein, dass Hausaufgaben Spaß machen? In der Lernwerkstatt der Ambulanten Erziehungshilfen (AEH) in Sendling in Trägerschaft der Katholischen Jugendfürsorge werden Kinder und Jugendliche individuell gefördert und erfahren in entspannter Atmosphäre, was alles in ihnen steckt.

Angstfreie Zone: In der Lernwerkstatt in Sendling werden Kinder und Jugendliche individuell gefördert und motiviert. Fotos: SBW - Flexible Hilfen/KJF
 

„Die Lernwerkstatt soll ein Ort des Wohlfühlens für die Schüler und Schülerinnen sein, an dem entspanntes Lernen möglich ist", so Claudia Zepf, Sozialpädagogin und Lerntherapeutin
 
In der Lernwerkstatt haben die Kinder und Jugendlichen der Ambulanten Erziehungshilfen (AEH) Sendling die Möglichkeit, im Setting eins zu eins mit einer Lernbegleiterin an ihrer Seite ihre Schularbeiten zu machen und Lerninhalte zu wiederholen und zu festigen. Das Potenzial jedes Einzelnen kann auf diese Weise berücksichtigt und gezielt gefördert werden. Nach dem Motto „Mach Dich schlau!“ werden die TeilnehmerInnen zu eigenständigem Arbeiten motiviert. Und mit dem Blick auf ihre Lernbiographie bekommen sie in der Lernwerkstatt die nötige Unterstützung, um dafür ihre eigenen Lernstrategien zu entwickeln.

„Erst einmal nehme ich mir eine Stunde, um die Kinder kennenzulernen, in der sie auch erzählen können, was sie sich vorstellen. Und dann gehe ich darauf ein“, so Alannah Booth, Lernbegleiterin der Lernwerkstatt Sendling über die erste gemeinsame Einheit.

Vergleichbar geht ihre Kollegin Claudia Zepf heran: „Grundsätzlich ist es mir wichtig, die Person anzusehen, die da reinkommt, mit dem was sie kann oder nicht kann und daran zu arbeiten mit unterschiedlichen Mitteln. Ich möchte den Kindern vermittlen: Das ist gar nicht so schwierig, wie du dir das vorgestellt hast. Mit den ersten Erfolgserlebnissen kommt so auch ein bisschen die Lust, etwas zu machen.“

Mehr Lust am Lernen

In Sachen Schule haben sich bei den Kindern und Jugendlichen, die in die Lernwerkstatt kommen, oft schon Probleme angehäuft. Struktur und Überblick fehlen und damit Motivation und Zuversicht, diese Probleme anzugehen. Zuhause gibt es vielleicht keinen ruhigen Ort, und die Eltern können wenig unterstützen. Erfolgserlebnisse bleiben aus. Die Lernwerkstatt bietet eine verbindliche und regelmäßige Struktur. Schulaufgaben werden gemeinsam erledigt, Erfolge werden ermöglicht und sichtbar gemacht. Durch diese positiven Lernerfahrungen kann das Selbstbewusstsein wachsen. Die Kinder und Jugendlichen lernen, dass es sich lohnt, dran zu bleiben, und dass man mit Unterstützung so einige Hürden nimmt.
 

Alannah Booth, angehende Grundschullehrerin und Schulpsychologin, betreut in der Lenrwerkstatt zweimal in der Woche neun Kinder und Jugendliche. 
 
„Ich könnte jetzt nicht sagen, dass alle Schüler und Schülerinnen immer Lust haben, das ist auch von der Tagesform abhängig. Aber ich denke schon, dass viele mit der Zeit mehr Lust bekommen. Dass sie auch merken: Mensch, man kann das ja auch anders angehen, oder man kann dabei echt ein bisschen Spaß haben“, so Claudia Zepf.

Individuelle Lernstrategien

Claudia Zepf und Alannah Booth schöpfen aus einer breiten Palette von Möglichkeiten, sich Wissen anzueignen, und finden gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen heraus, welcher Lernstil und welche Lernumgebung zu jedem einzelnen passen. „Es geht auch nicht nur ums reine Stofflernen“, erklärt Alannah Booth. „Mit einem sehr kreativen Jungen male ich zum Beispiel, wenn es reinpasst. Mit einer Grundschülerin habe ich immer Bewegungsübungen zwischendrin gemacht. Unter anderem sehe ich mir auch die Schulbücher mit den Kindern an. Man kann mit den Büchern richtig gut arbeiten. Die Kinder lesen sie sich oft gar nicht richtig durch, aber gemeinsam geht das.“

Und dann kam die Pandemie: Die Schule zu Hause im Lockdown fordert noch mehr von SchülerInnen und Eltern. Die Lernwerkstatt zeigt weiterhin Präsenz wie der Fels in der Brandung und ermöglicht dadurch Begegnung in der Krise. Mit Lüften, FFP2-Masken und Abstand – aber nicht allein mit den Schularbeiten.

Text und Interviews: Helga Aicher, AEH-Fachkraft im Team Sendling, Kathrin Göttler, Koordinatorin der Lernwerkstatt

Warum bist du in der Lernwerkstatt?
Kinder und Jugendliche erzählen:
Fotos: Klaus D. Wolf/KJF
 

"Ich komme hier her, weil es eine gute Möglichkeit für mich ist, Sachen zu wiederholen oder zu lernen, die ich noch nicht so gut kann. Und weil's kostenlos ist vielleicht. Man hat nicht so den Druck – ich fühl mich hier wohl, auch wenn ich was falsch mache." Gianna
 

"Hier kann ich mich besser konzentrieren. Meine Noten werden auch viel besser, seitdem ich hier bin. Das fühlt sich besser an als früher. Ich mag, dass ich von jemandem "in echt" Hilfe bekomme. Weil meinen Lehrer sehe ich gerade ja nur über's Handy." Julius

"Zu Hause lerne ich auch, aber in der Lernwerkstatt mache ich mehr als zu Hause, weil ich meine Fragen stellen kann, und dann direkt verstehe. Am meisten mag ich, am Computer zu arbeiten. Manchmal gibt es auch Lernspiele." Lina
 

"Meine Mutter und mein Papa haben gesagt, ich soll hingehen. Ich bin froh, dass Alannah mit mir Lernwerkstatt macht, dass sie sich Zeit nimmt. Es macht auch mal Spaß. Also das kommt drauf an, ob ich Lust hab', oder nicht." Michel
 

"Ich nehme meine Hausaufgaben mit und dann machen wir die, machen Aufgaben aus dem Buch, Vokabeln abfragen, Texte übersetzen. Das macht Spaß. Es gefällt mir, dass man nicht nur "Unterricht" macht, sondern auch über den Tagesablauf redet, sich Sachen erzählt." Rose
 


 

"Der Grund in die Lernwerkstatt zu kommen war, dass ich meine Noten verbessern wollte. Ich hatte schon sehr viele Lücken und wusste nicht, wie es weitergehen soll. Mir gefällt es hier sehr. Es hat mir geholfen, während dem Lockdown persönlich herzukommen, vor allem wegen der Hausaufgaben – das ist ja immer ziemlicher Stress. Aber hier ist das einfach. Hier bin ich fokussierter und hab auch eine Person die meine Fragen beantworten kann – das ist super." Maziar
 

"Bin ich hier freiwillig oder weil die Eltern es sich wünschen? Ich würde beides sagen, aber eher freiwillig, weil man hier Hilfe bekommt und die Hausaufgaben so schneller machen kann. Das ist das Beste, dass man mehr kapiert und schneller fertig wird." Tim