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30.11.2021 - "Junges Wohnen St. Klara" - Jugendlichen den Weg in die Selbstständigkeit ebnen


Seit Anfang 2020 wurde im Zentrum von Freising für die Jugendhilfe Nord ein neues Zuhause für die Kinder und Jugendlichen des Kinderheims St. Klara gebaut. Im Herbst 2021 war Einzugstermin für die ersten Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Frank Eichler, Einrichtungsleiter Jugendhilfe Nord, hat uns durchs Haus geführt.

Die Rückseite des "Junges Wohnen St. Klara" am Freisinger Veitsmüllerweg. Links im ersten Stock der Freisitz der Wohngruppe, darunter der Durchgang zur Hauptstraße. Alle Fotos: Gabriele Heigl/KJF-Pressesprecherin

Jugendhilfe-Nord-Leiter Frank Eichler freut sich über de Fertigstellung des Hauses.
 
Das große Einweihungsfest wird Corona-bedingt zwar erst 2022 steigen. Aber ansonsten verlief beim Bau und beim Einzug fast alles nach Plan: Abriss des alten Hauses auf dem Grundstück 2019/2020, Baubeginn im Frühjahr 2020, Richtfest im September 2020, Fertigstellung im Sommer 2021. Der Einzug verzögerte sich dann bis Oktober 2021, weil sich die Begehung durch die Heimaufsicht zur Erteilung der Betriebserlaubnis verzögerte. "Der Bau konnte bis auf kleine Ausnahmen gerade noch vor den Corona-bedingten Liefer- und Produktionsschwierigkeiten fertiggestellt werden", freut sich Frank Eichler. 

Mit der Realisierung des Projekts mit teilbetreuten Wohnformen geht ein langgehegter Wunsch des Kinderheims St. Klara in Erfüllung. Der Neubau steht in unmittelbarer Nachbarschaft zu den beiden heilpädagogischen Wohngruppen des Kinderheims am Freisinger Veitsmüllerweg 13 und 13A. Hier werden Kinder und Jugendliche ab acht Jahren rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr betreut. Mit dem neuen Zuhause am Veitsmüllerweg 11 ("Junges Wohnen St. Klara") eröffnet sich nun für die Fachkräfte die Chance, Jugendliche, die aus den Wohngruppen herauswachsen, über die Volljährigkeit hinaus optimal zu begleiten. So kann die so wichtige Betreuungskette bis hin zu einem eigenverantwortlichen, selbstständigen Erwachsenenleben aufrechterhalten werden. 

Frank Eichler im Treppenhaus: In den Stockwerken über und unter ihm liegen die acht Appartements für die jungen Erwachsenen.
 

Eines der hochwertig eingerichteten Appartements.
Familie Widmann machte es möglich

Zu verdanken ist das alles der Familie Alois und Elli Widmann, die das alte, baufällige Haus auf dem familieneigenen Grundstück abreißen und das "Junges Wohnen St. Klara"-Gebäude planen und errichten ließen. Nun vermieten sie es an den Projektträger KJF. Der nicht-unterkellerte Bau hat die Familie insgesamt knapp zwei Millionen Euro gekostet, die Inneneinrichtung wurde komplett durch Spenden finanziert; auch das Erzbischöfliche Ordinariat hat Geld zugeschossen. Die Verbundenheit der Familie Widmann zum Kinderheim St. Klara hat eine lange Tradition, die nach dem Ableben von Alois Widmann senior von seinem Sohn Alois Widmann junior mit Familie weitergeführt wird. So entstanden schon 1997 die zwei Häuser am Veitsmüllerweg 13 und 13A. Frank Eichler: "Wir sind der Familie Widmann unendlich dankbar; auch dieses Gebäude wurde nur durch sie möglich." 

Nun ist das moderne Haus schon mit Leben gefüllt. Im ersten Stock teilt sich eine vierköpfige teilbetreute Wohngruppe von vier Jungs eine große Wohnung mit vier Einzelzimmern, einer gemeinsam genutzten Küche und einem gemeinsamen Wohn- und Essbereich sowie einem Büro für die Fachkräfte. Sogar ein terrassenartiger Freisitz gehört zur Wohngruppe. Im zweiten und dritten Stock finden sich acht Einzelappartements für junge Erwachsene für einzelbetreutes Wohnen. Ein- bis zweimal in der Woche führen hier Fachkräfte Gespräche mit ihnen und unterstützen sie auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit. Im Erdgeschoß sind die Fachdienste, die beiden Räume der Psychologin, Kreativ- und Besprechungsräume untergebracht. 

Ein Blick in die Gemeinschaftsküche der Vierer-Wohngruppe ...
 

... und in deren Wohn-/Essbereich.

Gegenüber vom "Jungen Wohnen" liegen zwei ältere Häuser des Kinderheims St. Klara, in denen links die Fisch- und rechts die Peanuts-Gruppe wohnt.
 

Noch im Einzugsmodus: Der Betreuungsraum der Psychologin im neuen Haus.
Geschichte und Aufgabe des Kinderheims St. Klara
Das Kinderheim St. Klara, aufgrund seiner über 135-jährigen bewegten Geschichte manchen Freisinger BürgerInnen noch als „Waisenhaus“ bekannt, ist heute eine moderne heilpädagogische Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe für rund 75 Kinder und Jugendliche aus Freising und der Region. Kinder und Jugendliche, deren Wohl in der eigenen Familie beispielsweise durch Gewalt, Sucht oder Vernachlässigung aufs höchste bedroht ist, werden über das Jugendamt an das Kinderheim vermittelt. Mehr als 50 pädagogische Fachkräfte und unterstützende Berufsgruppen arbeiten gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen daran, eine sichere Heimat auf Zeit und eine neue, positive Lebensperspektive zu schaffen.

Zehn junge Leute bringen Leben ins Haus

Die vier Jungs in der Wohngruppe, 16 und 17 Jahre alt, werden hier im Auftrag des Jugendamtes tagsüber betreut, aber nachts und am Wochenende sind sie auf sich allein gestellt. Sie verfügen über eine gemeinsame Haushaltskasse aus dem Tagesentgelt, dessen Höhe mit der Entgeltkommission des Jugendamtes verhandelt wird. Die vier Jugendlichen kennen das Kinderheim St. Klara gut – waren sie doch schon Betreute der beiden Häusern gegenüber, in denen sie in der Fisch- beziehungsweise der Peanuts-Gruppe wohnten. "Bei den Baufortschritten des neuen Gebäudes haben sie mitgefiebert und sich sehr gefreut, dass sie bald einziehen dürfen", meint Frank Eichler. Das Konzept sei es, den Betreuten über die Zeit als Kind hin zum Jugendlichen und jungen Erwachsenen den Weg in die Selbstständigkeit zu ebnen. Natürlich können auch Mädchen in die Wohngruppe aufgenommen werden. Wenn alle Zimmer voll belegt sind, sind zehn junge Leute im Haus, vier in der Wohngemeinschaft und sechs in den Appartements. Zwei der Appartements werden freigehalten, falls die jungen Leute auf dem Weg raus aus der Betreuung auf dem freien Wohnungsmarkt nicht gleich eine eigene Wohnung finden. 

Text: Gabriele Heigl, KJF-Pressesprecherin

Das Materiallager im Erdgeschoss, in dem in der Einzugsphase noch die Einrichtungsgegenstände der Appartements und der Wohngruppe untergebracht waren. Man entschied sich für hochwertige und presigünstige Ware der jugendaffinen Firma Ikea.
 

Blick von oben auf den Freisitz der Wohngruppe, links unten eine Tischtennisplatte vor dem Eingang.