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25.08.2021 - "Ich hatte hier immer den Freiraum, um etwas zu gestalten"
Am 31. August wird ein Kapitel der Geschichte der SBW-Flexible Hilfen beendet. An diesem Tag verabschiedet sich Uli Pointner, bis zu diesem Zeitpunkt der Leiter der Einrichtung, in die Altersteilzeit. Fast 35 Jahre lang hat er die SBW-Flexible Hilfen entscheidend mitgeprägt. In diesem Interview blickt er zurück.
Für Uli Pointner waren die herausforderndsten Zeiten immer auch die interessantesten. Alle Fotos: Gabriele Heigl/KJF
Uli Pointner macht nicht den Eindruck eines Ruheständlers. Er sieht jünger aus als seine 61 Jahre. Bereitwillig und mit wachen Augen erzählt er von seinen Jahrzehnten bei der KJF. Seine Begeisterung für seine Arbeit ist ungebrochen. Mehr als einmal fragt man sich während des Gesprächs, ob da einer nicht zu früh geht.
1986 haben Sie bei der KJF begonnen. Was war die wichtigste Wegmarke in all den Jahren für Sie?
Uli Pointner: Das war 1991, als ich für die KJF das erste Betreute Wohnen in München aufgebaut habe. Ich war also einer der Gründerväter dieser inzwischen bewährten Betreuungsform. Zunächst zusammen mit zwei KollegInnen des Trägers haben wir zu diesem Zweck die Einrichtung SBW-Flexible Hilfen gegründet. Damals gab es nur Heime und Außenwohnheime. Wir haben erkannt, dass bei den Klientinnen und Klienten ein neuer Betreuungsbedarf gegeben ist, der durch kein Angebot gedeckt wird. Nach und nach haben wir dann die nötigen Räumlichkeiten angemietet und auch eigene Objekte umgewidmet. Inzwischen sind es über 70 verschiedene Einheiten und größere Häuser.
Wie behält man da den Überblick?
Das ist eine ständige große logistische Herausforderung. Glücklicherweise haben wir ein gutes Verhältnis zu unseren Vermietern; diese schätzen uns als zuverlässigen Mieter, der ihre Immobilien in gutem Zustand hält. Übrigens habe ich in den 35 Jahren mindestens fünfmal das Büro gewechselt. Meistens ging es darum, mithilfe meines Büroraums neue Wohneinheiten zu schaffen, die dringend gebraucht wurden.
Welches war die herausforderndste Zeit?
Da kann ich zwei nennen. Zum einen natürlich das letzte Pandemie-Jahr. Zum anderen die Zeit der Flüchtlingswelle 2015/2016. Da kamen in wenigen Monaten viele neue Betreute hinzu, junge Menschen, die schnell vermittelt werden mussten. Aber ich habe diese Zeit auch in sehr guter Erinnerung.
Wie das?
Dinge, für die man sonst ein Jahr braucht, waren auf einmal in zwei Wochen möglich. Es war eine intensive Zeit voller Energie. Das Kreative, das es braucht, um voranzukommen, also etwas aus dem zu machen, was man hat, das hat mir immer am meisten gefallen. Für mich war das die schönste Zeit, ähnlich wie die Phase ab dem Jahr 2000, als wir die Mutter-Kind-Angebote aufgebaut haben. Die jungen Mütter zu begleiten und das Aufwachsen ihrer Kinder zu sehen, ist etwas sehr Beglückendes - zu erkennen, dass das, was man aufgebaut hat, Früchte trägt. So sind wir immer mitgewachsen mit dem Bedarf unserer Klientinnen und Klienten. Schließlich heißen wir ja nicht ohne Grund "Flexible Hilfen". Da gehört flexibel sein eben dazu.
1986 haben Sie bei der KJF begonnen. Was war die wichtigste Wegmarke in all den Jahren für Sie?
Uli Pointner: Das war 1991, als ich für die KJF das erste Betreute Wohnen in München aufgebaut habe. Ich war also einer der Gründerväter dieser inzwischen bewährten Betreuungsform. Zunächst zusammen mit zwei KollegInnen des Trägers haben wir zu diesem Zweck die Einrichtung SBW-Flexible Hilfen gegründet. Damals gab es nur Heime und Außenwohnheime. Wir haben erkannt, dass bei den Klientinnen und Klienten ein neuer Betreuungsbedarf gegeben ist, der durch kein Angebot gedeckt wird. Nach und nach haben wir dann die nötigen Räumlichkeiten angemietet und auch eigene Objekte umgewidmet. Inzwischen sind es über 70 verschiedene Einheiten und größere Häuser.
Wie behält man da den Überblick?
Das ist eine ständige große logistische Herausforderung. Glücklicherweise haben wir ein gutes Verhältnis zu unseren Vermietern; diese schätzen uns als zuverlässigen Mieter, der ihre Immobilien in gutem Zustand hält. Übrigens habe ich in den 35 Jahren mindestens fünfmal das Büro gewechselt. Meistens ging es darum, mithilfe meines Büroraums neue Wohneinheiten zu schaffen, die dringend gebraucht wurden.
Welches war die herausforderndste Zeit?
Da kann ich zwei nennen. Zum einen natürlich das letzte Pandemie-Jahr. Zum anderen die Zeit der Flüchtlingswelle 2015/2016. Da kamen in wenigen Monaten viele neue Betreute hinzu, junge Menschen, die schnell vermittelt werden mussten. Aber ich habe diese Zeit auch in sehr guter Erinnerung.
Wie das?
Dinge, für die man sonst ein Jahr braucht, waren auf einmal in zwei Wochen möglich. Es war eine intensive Zeit voller Energie. Das Kreative, das es braucht, um voranzukommen, also etwas aus dem zu machen, was man hat, das hat mir immer am meisten gefallen. Für mich war das die schönste Zeit, ähnlich wie die Phase ab dem Jahr 2000, als wir die Mutter-Kind-Angebote aufgebaut haben. Die jungen Mütter zu begleiten und das Aufwachsen ihrer Kinder zu sehen, ist etwas sehr Beglückendes - zu erkennen, dass das, was man aufgebaut hat, Früchte trägt. So sind wir immer mitgewachsen mit dem Bedarf unserer Klientinnen und Klienten. Schließlich heißen wir ja nicht ohne Grund "Flexible Hilfen". Da gehört flexibel sein eben dazu.
Zur Person Uli Pointner (61) ist Diplom Sozialpädagoge (FH) und startete sein Berufsleben in der Offenen Behindertenarbeit der Caritas im Münchner Bildungswerk. Im Dezember 1986 trat er in die KJF ein, zunächst als Gruppenleiter der Jugendwohngruppe Öttlmairstraße in München. 1991 baute er - anfänglich zusammen mit nur zwei KollegInnen vom Träger - das Projekt Betreutes Einzelwohnen auf mit zu dieser Zeit vollkommen neuen differenzierten Betreuungsformen in der Jugendhilfe. In der Folge baute er über die Jahre hinweg das Jugendhilfezentrum SBW-Flexible Hilfen mit vielfältigen ambulanten und stationären Schwerpunkten auf und aus. Bis zum 31. August 2021 steuerte er die Einrichtung mit aktuell etwa 100 Mitarbeitenden an neun verschiedenen Standorten. Uli Pointner wohnt in Grafing, reist gerne und genießt seine Freizeit vor allem in der Natur beim Radfahren, Wandern und Schwimmen. Aktuell beschäftigt er sich unter anderem auch gerne mit dem Thema nachhaltigeres Leben.
Uli Pointner vor dem Eingang der Mutter-Kind-Betreuung in der Münchner Schmied-Kochel-Straße.
"Wir sind immer mitgewachsen mit dem Bedarf unserer Klientinnen und Klienten. Schließlich heißen wir ja nicht ohne Grund 'Flexible Hilfen'. Da gehört flexibel sein eben dazu." Uli Pointner, bis 31. August 2021 Einrichtungsleiter SBW-Flexible Hilfen
Ihre Begeisterung für Ihre Arbeit scheint auch nach 35 Jahren nicht abgeklungen zu sein. Warum hören Sie auf?
Irgendwann muss man mal einen Cut machen. Ich bin seit 35 Jahren in der Verantwortung, hatte teils schwierige Entscheidungen zu treffen. Ich freue mich darauf, den ständigen Druck loszuwerden, auch im Hinblick auf die Erhaltung meiner Gesundheit. Nicht zuletzt möchte ich mehr Zeit mit meiner Familie, meinen Freunden verbringen. Außerdem möchte ich mehr reisen.
Wohin soll es gehen?
Eine Traumreise würde mich unter anderem nach Australien und Neuseeland führen.
Was werden Sie nach dem 31. August vermissen?
Die vielen guten Begegnungen mit den Kolleginnen und Kollegen sowie den Betreuten, die vielen menschlichen Kontakte. Wir sind hier in unserer Einrichtung zusammengewachsen, ein bisschen wie eine Familie. Vermissen werde ich auch, dass man hier etwas bewegen kann. Ich hatte immer den Freiraum, um etwas zu gestalten. Es hat mir niemand gesagt: Das machst du jetzt nicht. Ich war aber auch kein Traumtänzer. Meine Pläne hatten immer Hand und Fuß und waren umsetzbar. Was mich ausmacht, konnte ich hier ausleben.
Haben Sie Tipps für Ihren Nachfolger?
Ich bin sehr froh, dass Uwe Eirenschmalz übernimmt. Er kennt "den Laden", und es wird gut weitergehen. Durch die gemeinsame Übergabezeit ist er gut eingearbeitet. Natürlich hat jeder seinen eigenen Stil, andere Qualitäten; er wird vieles anders machen. Das ist aber auch gut so.
Interview: Gabriele Heigl, KJF-Pressesprecherin
Demnächst lesen Sie hier ein ausführliches Porträt von Uwe Eirenschmalz.
Durch diese Tür in der Schmied-Kochel-Straße 2 in München-Sendling ist Uli Pointner häufig gegangen. Jetzt nimmt er Abschied.
Ab 1. September neuer Einrichtungsleiter von SBW-Flexible Hilfen: Uwe Eirenschmalz.
Der Nachfolger
Uwe Eirenschmalz (53) tritt die Nachfolge von Uli Pointner an. Der Diplom Sozialpädagoge (FH) begann vor genau 21 Jahren bei der KJF mit dem Start der regionalen Ambulanten Erziehungshilfen (AEH) im Münchner AEH-Team Sendling. Vorher gab er etwa acht Monate lang Soziale Trainingskurse in der Gefährdetenhilfe. 2003 übernahm er die Teamleitung im AEH-Team Sendling und seit 2015 die Bereichsleitung für die AEH im damaligen Zentrum Ambulante Hilfen München.
Unsere Einrichtung: SBW-Flexible Hilfen München
Das Spektrum der Angebote umfasst Jugendliche, junge Erwachsene und junge Familien. Neben anderen Angeboten etwa im Eltern-Kind-Bereich bieten "SBW-Flexible Hilfen München" Unterstützung in mehreren Betreutes-Wohnen-Angeboten für junge Menschen. SBW steht für sozialpädagogisch betreutes Wohnen. In verschiedenen zentral gelegenen Gebäuden in der Stadt werden weibliche und männliche Jugendliche individuell betreut. Im Fokus stehen Jugendliche und junge Erwachsene in besonderen sozialen Schwierigkeiten, die aus Familien oder anderen Lebenskontexten kommen, in denen sie keine angemessene Förderung oder Unterstützung erhalten und dort in der Regel nicht mehr bleiben können oder wollen. Die individuellen Betreuungsangebote umfassen unter anderem regelmäßige Einzel- und Gruppengespräche, Betreuung vor Ort in den Wohneinheiten und in der Kontaktstelle, psychosoziale Hilfen, Krisenintervention, alltagspraktische Hilfen und lebenspraktische Förderung, soziale Gruppenarbeit, Angehörigenarbeit sowie eine ambulante Nachbetreuung. Derzeit gibt es bei SBW-Flexible Hilfen etwa 100 Mitarbeitende an acht verschiedenen Standorten.