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27.07.2022 - Für echte Teilhabe braucht es mehr politische und gesellschaftliche Anstrengungen


Einrichtungsleiterin Dr. Gertrud Hanslmeier-Prockl zieht hier ein Resümee anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten, die wegen der Pandemie erst mit einem Jahr Verspätung gefeiert werden konnten. Welche Fortschritte im Sinne von Menschen mit Behinderung wurden schon erreicht, und bei welchen braucht es noch weitere Anstrengungen?

Das weitläufige Gelände des EVS in Steinhöring. Foto: EVS/KJF
Die Geschichte des Einrichtungsverbunds Steinhöring (EVS) ist eng verknüpft mit den fachlichen Strömungen und den zunehmenden Rechten der Menschen mit Behinderung in unserer Gesellschaft. Normalisierung, Integration in den 70er und 80er Jahren, die Festschreibung sozialhilferechtlicher Ansprüche durch verschiedene Sozialgesetzgebungen zuletzt durch das Bundesteilhabegesetz haben die Lebensbedingungen der Menschen mit Behinderung stetig etwas verbessert. Von einer echten Gleichstellung und der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist die aktuelle Situation jedoch noch weit entfernt.

Heute bieten die Einrichtungen des Verbundes in den Landkreisen Ebersberg und Erding ein sehr differenziertes Netz an Hilfen für Menschen mit geistiger Behinderung und psychischen Erkrankungen an. Viele Angebote werden inklusiv gestaltet. So betreibt der EVS selbst auch unterschiedliche Kindertageseinrichtungen und pflegt intensive Kooperationen mit verschiedenen Schulen und Schularten, Arbeitgebern, Vermietern, Investoren, Vereinen, Bildungseinrichtungen etc. 

Um für die Kinder, Jugendlichen und erwachsenen Menschen mit Behinderung in den Landkreisen Ebersberg und Erding ausreichend bedarfsgerechte Angebote zu schaffen, ist der EVS seit seiner Gründung beständig gewachsen. In der Zuzugsregion rund um München steigt die Zahl der Menschen mit verschiedenen Unterstützungsbedarfen weiterhin an. In den letzten Jahren wurden barrierefreie Wohnplätze geschaffen, eine Förderstätte neu gebaut, die Werkstatt für Menschen mit psychischen Erkrankungen erweitert sowie eine weitere Frühförderung und neue HPT-Standorte eröffnet. Durch das Konzept der Partnerkassen konnten beide Schulen kontinuierlich zusätzliche Schulplätze schaffen. Wenn wir im EVS auch weiterhin die Bedarfe der Menschen mit Behinderung in den Vordergrund stellen, muss dieser Prozess weitergehen. 

Die Einrichtungsleiterin des Einrichtungsverbunds Steinhöring: Dr. Gertrud Hanslmeier-Prockl. Foto: EVS/KJF
 
Wohnraum, Verkehrsmittel und mehr Mitarbeitende

Um dies zu bewerkstelligen und die Qualität der Teilhabe von Menschen mit Behinderung weiterhin zu stärken, braucht es noch mehr politische und gesellschaftliche Anstrengungen in vielen Feldern, wie etwa bei der Schaffung von barrierefreiem Wohnraum, bei der Herstellung einer sinnvollen Anbindung und Barrierefreiheit von Verkehrsmitteln auch auf dem Land (und hier sind nicht nur Rampen und Aufzüge gemeint), bei der Herstellung von mehr Wahlfreiheit für Menschen mit höheren Unterstützungsbedarfen. Es wird auch darum gehen, noch deutlich mehr Menschen für die soziale Arbeit zu begeistern und zu gewinnen, denn nur mit kreativen und engagierten Mitarbeitenden kann Teilhabe in einer guten Qualität gelingen. 

Durch die Dezentralisierung und die Schaffung von kleinen Einrichtungen ist die Inklusion an vielen Orten in den Landkreisen gelungen. Organisatorisch ist dies deutlich aufwändiger, als der Betrieb einer Großeinrichtung an einem Ort. Heute wird eine kleinteilige und dezentrale Struktur politisch überall gefordert und es ist zu hoffen, dass die Mehraufwendungen dafür in Zukunft Teil der Refinanzierungssystematik werden. 

Text: EVS-Einrichtungsleiterin Dr. Gertrud Hanslmeier-Prockl

Unsere Einrichtung: Einrichtungsverbund Steinhöring 
Der Einrichtungsverbund Steinhöring (EVS) hält in den Landkreisen Ebersberg und Erding ein vielfältiges Angebot für Menschen mit körperlicher, geistiger und seelischer Behinderung vor. Neben den Förderstätten und der Seniorentagesstätte gehören noch Wohneinrichtungen und Werkstätten, Frühförderstellen, integrative Kindertageseinrichtungen, Schulen, Förderzentren und Heilpädagogische Tagesstätten zum Angebotsspektrum. Rund 950 MitarbeiterInnen fördern und begleiten die KlientInnen.