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23.02.2024 - Design-Preis für Treppenhaus im Münchner Adelgundenheim


Auch wer sich mit Design nicht auskennt, versteht sofort, warum die Gestaltung des Treppenhauses unserer Einrichtung Erziehungshilfezentrum Adelgundenheim preiswürdig ist. Fröhliche Farben und klare Piktogramme erleichtern die Orientierung. Aber es gibt noch mehr Vorteile. Bei der Umsetzung waren auch Kinder und Jugendliche des Wohnheims beteiligt. 
Der erste Stock ist himmelblau, und dass hier die Gruppe Stern zuhause ist, weiß man auch ohne Text. Alle Fotos: tinabachmann.design

Im grünen zweiten Stock ist die Jungs-WG zu finden. Wie man sieht, müssen Treppenhäuser nicht immer humorlos gestaltet sein.
 

Ungewöhnliches Streifenmuster am Aufzug. Auch die Kinder und Jugendlichen der Einrichtung halfen bei der Gestaltung mit.
"Wir werden von Besucherinnen und Besuchern immer wieder auf die Gestaltung unseres Treppenhauses angesprochen. Sie finden es ungewöhnlich und sehr, sehr schön. Und auch wir vom Adelgundenheim erfreuen uns jeden Tag an der gelungenen Gestaltung." Katrin Winkler, Gesamtleiterin unserer Einrichtung Erziehungshilfezentrum Adelgundenheim kann verstehen, warum eine Renovierung, die vor einiger Zeit im Haus an der Münchner Hochstraße stattgefunden hat, so großen Anklang findet. Im Zuge einer umfangreichen Brandschutzsanierung wurde ein neues Orientierungssystem gebraucht. Von Anfang an war geplant, das gemeinsam mit den jungen Bewohner:innen des Wohnheims zu planen und umzusetzen. 

Sponsor sicherte die Finanzierung

Tina Bachmann, eine junge Münchner Grafikdesignerin und frühere Mitarbeiterin im Adelgundenheim, zeichnete für das Projekt verantwortlich. Sie entwickelte gemeinsam mit den Adelgundenheim-Gruppen das Konzept der Neugestaltung. Ein besonderer Glücksfall kam hinzu: Ein langjähriger Sponsor des Adelgundenheims stellte die Mittel für die Umsetzung zur Verfügung. Katrin Winkler: "Auch hierfür bekommen wir regelmäßig positive Rückmeldungen. Wir sind unserem Sponsor sehr dankbar." Und seit Kurzem kommt noch ein weiterer Grund zur Freude hinzu: Projekt und Design erhielten den "Universal-Design-Award" des Münchner Instituts für Universal Design. Darüber berichtete auf einer Doppelseite sogar das "Grafikmagazin", Deutschlands renommiertestes Fachmagazin im Bereich Design. 
 

Die Grafikdesignerin Tina Bachmann.
 

Im vierten Stock logiert die Sonnen-Gruppe. Selbstverständlich präsentiert sich hier die Signaletik in warmen, sonnigen Gelbtönen.

Feinarbeit beim Auftrag.
"Projektkonzept: Eine partizipative Treppenhausgestaltung für ein Kinder- und Jugend-Wohnheim wurde zu sehr viel mehr als nur einer nötigen Beschilderung. Aufgrund baulicher Maßnahmen musste ein neues Orientierungssystem her, das gemeinsam mit den Bewohnern geplant und umgesetzt wurde. Das Projekt hat gezeigt, wie effektiv Design sein kann. Denn es hat neben gemeinschaftlichen und handwerklichen Fähigkeiten auch das Verhalten der Jugendlichen stark beeinflusst. Mit der Gestaltung zogen ein sorgsamer Umgang mit der eigenen Umgebung und ein Wohlgefühl ein. Wir haben also gemeinsam nicht nur für mehr Orientierung gesorgt, sondern auch ein Zuhause geschaffen." Tina Bachmann, Grafikdesignerin

Das Leitsystem wurde zum Großteil mit Wandfarbe umgesetzt.
 

Tina Bachmann bei der Umsetzung ihres Designs.
Die junge Designerin schreibt zu ihrem Projekt: "Das partizipative Konzept hat gezeigt, wie effektiv Design sein kann. Denn es hat neben gemeinschaftlichen und handwerklichen Fähigkeiten auch das Verhalten der Jugendlichen stark beeinflusst. Mit der Gestaltung zog ein sorgsamer Umgang mit der eigenen Umgebung und ein Wohlgefühl ein. Wir haben also gemeinsam nicht nur für mehr Orientierung gesorgt, sondern auch ein Zuhause geschaffen." Dieser Einschätzung schloss sich die Instituts-Jury an.

Gut gestaltete Orte machen den Unterschied
 
In die positive Bewertung durch die Jury floss aber noch mehr ein. Ein Farbsystem in der Signaletik und ergänzende Piktogramme erzeugten eine "altersübergreifende und universelle Nutzung". Somit fänden sich auch die jüngsten Bewohner:innen, sowie Besucher:innen ohne deutsche Sprach- oder Lesekenntnisse zurecht.
 
Signaletik
(von französisch signalétique, deutsch kennzeichnend) dient der räumlichen Orientierung von Menschen in einem komplexen Gebäude oder Areal wie beispielsweise einem Flughafen, einem Bahnhof, einem größeren Bürogebäude oder einer Schule. Für ein gutes Signaletiksystem müssen verschiedene Aspekte wie Architektur, Design, Farbenlehre, Psychologie, Sinneswahrnehmung und kulturelle Prägung berücksichtigt werden.
Tatsächlich fallen die harmonischen, frühlingsfrischen pastelligen Farben bei der Betrachtung als erstes ins Auge. Speziell bei den Aufzügen ist die Farbgebung so auffällig, dass die Lifte nicht zu übersehen sind. Die Jury meinte, es handele sich um "eine gestalterische Lösung, die diskret den Hinweis auf einen barrierefreien Zugang impliziert, ohne Fingerzeig auf eine Gehbehinderung und der damit einhergehenden Kompromittierung. Orte der Gesundheits- oder Sozialbranche sind oft funktional, aber selten ästhetisch. Projekte wie dieses zeigen jedoch, welchen Unterschied es macht, wenn sich Menschen beim Gesundwerden, Arbeiten oder Leben gut fühlen."

Um den finanziellen Einsatz möglichst gering zu halten, wurde das Leitsystem zum Großteil mit Wandfarbe umgesetzt. Die Bewohner:innen halfen in mehreren Sessions selbst mit, klebten und pinselten. Tina Bachmann hofft nun, dass die Treppenhausgestaltung im Adelgundenheim ein kleines Leuchtturmprojekt wird, um mehr Aufmerksamkeit auf gut gestaltete Umgebungen in sozialen Bereichen zu lenken.
 
Text: Gabriele Heigl, KJF-Pressesprecherin

Auf den ersten Blick verständliche Piktogramme erleichtern die Orientierung.
 

Im Erdgeschoss trifft man bei den Stockwerksinfos bereits auf die Farben der jeweiligen Stockwerke.
Unsere Einrichtung: Erziehungshilfezentrum Adelgundenheim
Beraten - Betreuen - ins Leben Begleiten

Das Erziehungshilfezentrum Adelgundenheim mit seinen vielfältigen Angeboten ist eine der ältesten Kindereinrichtung in Bayern. In der Arbeit im Adelgundenheim wird Tradition und Innovation miteinander verbunden. So ist es stets gelungen, die Angebote den sich verändernden Bedürfnissen der Betreuten und sich wandelnden Rahmenbedingungen anzupassen. Das Adelgundenheim betreut Kinder in einer Heilpädagogischen Tagesstätte, etwa 90 Kinder/Jugendliche zwischen 6 und 21 Jahren in unterschiedlichen Wohnformen sowie Familien in der Intensiven Flexiblen Familienhilfe. Darüber hinaus ist das Adelgundenheim Träger einer Erziehungsberatungsstelle und begleitet junge Untersuchungshäftlinge in der Münchner Justizvollzugsanstalt Stadelheim.