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19.06.2023 - "Das Herz am rechten Fleck" - Das Wirken der Erlenbader Franziskanerinnen


Über eine besondere Zeit im Clemens-Maria-Kinderheim ist jetzt ein Buch erschienen. Hier berichtet die Autorin Dr. Gabriele Riffert über ihre Recherchearbeit.
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Die Schwestern Jan Ricciarelli und Gabriele Löffler heute. Foto: Dr. Gabriele Riffert
 
Noch leben Schwestern aus der Kongregation der Erlenbader Franziskanerinnen, die im Clemens-Maria-Kinderheim der KJF gearbeitet haben. Ältere Mitarbeitende und längst erwachsene frühere BewohnerInnen erinnern sich gern an sie. Fast 90 Jahre lang waren die Schwestern im "CleMaKi". 114 von ihnen haben zunächst in München und dann in Putzbrunn vorwiegend als Erzieherinnen aber auch als Hauswirtschafterinnen gearbeitet. Was die Schwestern von 1918 bis 2007 geleistet haben, sollte nicht in Vergessenheit geraten. Deshalb hatte Sabine Kotrel-Vogel, die seit 2007 Gesamtleiterin des Clemens-Maria-Kinderheims ist, die Idee zu einem Buch über die Schwestern. 2019 wurde ich als dessen Autorin beauftragt.
 
Im Juli 2019 war ich mehrmals im Direktionsarchiv der KJF. Dr. Rudolf Oswald, Sozialpädagoge, promovierter Historiker und Autor des Buches "Christliche Tradition und zeitgemäße Hilfe - 100 Jahre Katholische Jugendfürsorge der Erzdiözese München und Freising", hat mir die Logik der Archivierung erschlossen. Bei meinen Archivrecherchen fand ich beispielsweise den Schriftwechsel, den die damalige Hausleitung mit dem Kultusministerium wegen der Anerkennung des Lehrerinnenexamens der ersten Erlenbader Franziskanerinnen geführt hat. Sie stammten ursprünglich aus dem Großherzogtum Baden, aber das damals gerade noch existierende Königreich Bayern hat ihre Abschlüsse wegen angeblich mangelnder Vergleichbarkeit nicht anerkannt. So etwas kommt einem auch heute noch bekannt vor …
Aufenthalt in der klösterlichen WG
 
Darüber hinaus machte ich mich mit der Spiritualität der Erlenbader Franziskanerinnen vertraut, indem ich deren konkreten Handeln für die ihnen anvertrauten Menschen nachging. Im Herbst 2019 war ich vor Ort im Kloster Erlenbad und führte dort lange Interviews mit den Schwestern Gabriele Löffler, Jan Ricciarelli und Jutta Endriß. Sr. Gabriele und Sr. Jan haben mich bei sich in ihrer großen und gastfreundlichen Außen-WG beherbergt, und ich erinnere mich noch an zwei sehr lustige Abende bei einer guten Brotzeit und einem Glas Weißwein der lokalen Winzerei „Alde Gott“. Ein Besuch im Archiv des Ordens, den beide befürworteten, wurde mir leider von der damals neuen Provinzleitung nicht gestattet, obwohl dieser sicher auch sehr informativ gewesen wäre.
 
Und dann kam Corona … Die Pandemie mit ihren mehrfachen Lockdowns erwies sich als ziemliches Hemmnis für die weiteren Gespräche mit Mitarbeitenden und früheren BewohnerInnen. So habe ich mich im privaten Kontext mit früheren Erzieherinnen verabredet, und die Kontakte zu Heimbewohnerinnen von einst erfolgten per Mobiltelefon. So konnten nötige Infos und die Schilderungen von Erfahrungen doch noch Schritt für Schritt zusammengetragen werden. Das Schreiben, die Abstimmung über den Text sowie die Schlussredaktion haben auch wieder ihre Zeit gebraucht. Doch nun liegt der kleine Band zu guter Letzt auch gedruckt vor. Er ist beim Verlag St. Michaelsbund erschienen. Ein wenig stolz sind alle Beteiligten, dass sogar Herzog Franz von Bayern, das Oberhaupt des Hauses Wittelsbach, ein Geleitwort beigesteuert hat. Schließlich hatte seine Urgroßtante Therese von Bayern 1916 ein "Protektorat über die KJF-Stiftung des Klerus der Erzdiözese" übernommen und kannte die ersten Schwestern im Clemens-Maria-Kinderheim noch persönlich.

Text: Dr. Gabriele Riffert
 

Schrieb ein Grußwort für das Buch: Herzog Franz von Bayern. Foto: Johannes Seyerlein

Druckfrisch erschienen: Das Buch über die Erlenbader Franziskanerinnen. Foto: Gabriele Heigl
 
Das Herz am rechten Fleck
Das Wirken der Erlenbader Franziskanerinnen im Clemens-Maria-Kinderheim von 1918 bis 2007

KJF (Herausgeber)
St. Michaelsbund München, 2023
96 Seiten, 14,90 Euro
 

Dr. Gabriele Riffert, promovierte Religionswissenschaftlerin, Diplom-Theologin, Abschlüsse in Kommunikationswissenschaften, Völkerkunde und Philosophie. Foto: Robert Kiderle
 
Die Franziskanerinnen von Erlenbad (aus Wikipedia)

Die Franziskanerinnen von Erlenbad (Obersasbach in Baden) sind ein römisch-katholischer Frauenorden. In Nordamerika, wo sich heute das Generalat befindet, sind sie auch unter dem Namen School Sisters of St. Francis (Ordenskürzel: SSSF, Kongregation der Schulschwestern des heiligen Franziskus) bekannt. Die Kongregation wurde 1859 durch den Pfarrer Franz Xaver Lender im heutigen Rheinmünster gegründet. Sie brachte Waisenkinder in der verlassenen Benediktinerabtei Schwarzach im Schwarzwald unter und begründete zu deren Betreuung einen Schwesternorden. Wegen des Kulturkampfes wanderten 1873 diese Schwestern in die USA aus und bauten unter Leitung von Schwester Alexia Höll in Milwaukee 1874 ihr erstes Kloster St. Joseph. Die Kongregation entwickelte sich dort eigenständig weiter, wurde 1911 päpstlich anerkannt und breitete sich rasch aus. Seit 1900 ist der Orden eine Kongregation päpstlichen Rechts. Ab 1895 gründeten sie auch in Deutschland und der Schweiz wieder Niederlassungen, die erste war das Kloster in Erlenbad. 1907 wurde die deutsche Provinz unter dem Namen Erlenbader Franziskanerinnen eigenständig, 1919 wurde Erlenbad zum Mutterhaus der Provinz. Zu dieser Provinz gehören heute auch Niederlassungen in Honduras.

Die Schwestern waren in Nordamerika von Anfang an hauptsächlich in den Pfarrschulen tätig, weil Religionsunterricht an staatlichen Schulen in den USA nicht erlaubt ist. Die Ordensschwestern sind heute außerdem in Kindergärten, Krankenhäusern, Schulen und Altersheimen tätig. Die Kongregation ist zum Beispiel eine der Gesellschafterinnen der im Jahr 2000 gegründeten "Regionalverbund kirchlicher Krankenhäuser gGmbH" mit Sitz in Freiburg im Breisgau. Als einer der ersten Orden gründeten die Schwestern Wohnheime für berufstätige Mädchen und Studentinnen. Seit den 1970er Jahren gibt es zwei Provinzen in Indien und eine Provinz in Südamerika. Heute gibt es weltweit etwa 1200 Schwestern, davon 700 in den USA.