zurück zur Übersicht

29.03.2023 - Aicha hat es geschafft - jetzt hilft sie anderen, es auch zu schaffen


Aicha, viele Jahre Klientin unserer Einrichtung Lichtblick Hasenbergl, wurde Anfang März 2023 eine besondere Ehre zuteil: Die Bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf würdigte ihr Engagement in der Jugendarbeit.

Aicha (rechts) bei der Ehrung durch die Bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf. Alle Fotos: Lichtblick Hasenbergl/KJF
 

Aicha mit Dörthe Friess, stellvertretende Einrichtungsleiterin des Lichtblick Hasenbergl.
Aicha (23) war vom Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter für die Ehrung vorgeschlagen worden - als eine von nur zwei Vorzuschlagenden. Anlass war die bayernweite Aktivierungskampagne, die Teil des "Bayerischen Aktionsplans Jugend" ist. Diese hat zum Ziel, junge Menschen und ihre Bedürfnisse stärker in den Mittelpunkt stellen, sowie junge Menschen und Mitarbeitende - Fachkräfte wie Ehrenamtliche - nach Corona wieder neu für Angebote der außerschulischen Bildungsarbeit zu gewinnen und ihre wichtige Rolle und Arbeit wertzuschätzen. "Durch die Corona-Pandemie haben viele junge Menschen Isolation, Frust und Erschöpfung erlebt. Die vielen Haupt- und Ehrenamtlichen in der Jugendarbeit waren den jungen Menschen auch in dieser Zeit eine große Stütze und sind es auch jetzt noch", heißt es in einem Schreiben des Sozialministeriums. Zum Empfang werde als ein "Zeichen der Wertschätzung" eingeladen. 

"Zum ersten Mal glaubt jemand an mich"

Aicha kam mit acht Jahren zum Lichtblick Hasenbergl, der KJF-Einrichtung im Münchner Norden. Zunächst besuchte sie die schulbegleitenden Gruppen, dann den Jugend- und Ausbildungsbereich. Aicha erinnert sich an ihre Schulzeit: "In der Schule war es damals schwierig mit den anderen Kindern, und ich war sehr unsicher. Ich weiß noch, dass ich große Angst hatte, Fehler zu machen. Ich wusste noch nicht, was ich wollte, und was mir wichtig war. Das habe ich alles erst im Lichtblick gelernt." An ihre Zeit im Lichtblick denkt sie gerne zurück: "Ich erinnere mich vor allem, dass ich rausgekommen bin aus dem Hasenbergl. Wir haben viele Ausflüge gemacht und sind weggefahren. Ich hab da zum ersten Mal was anderes gesehen: die Innenstadt, den Tierpark, einen Bauernhof, das Kindertheater und mehr. Und ich habe zum ersten Mal erlebt, dass jemand an mich glaubt, dass ich etwas aus mir machen kann. Das hat den Grundstein für mein Leben heute gelegt." 
 



Unsere Einrichtung: Lichtblick Hasenbergl
Lichtblick Hasenbergl betreut Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 5 Monaten und 25 Jahren aus sozial belasteten und benachteiligten Familien im Münchner Stadtteil Hasenbergl Nord. Dort wachsen viele Kinder unter benachteiligenden Bedingungen in einer großen Sozialwohnungssiedlung auf. Ihr Leben ist geprägt von finanziellen Sorgen, einem niedrigen Bildungsniveau, einem schwierigen Umfeld und der Abhängigkeit von finanziellen Hilfen. Das Ziel des Lichtblick ist es, den Kreislauf sozialer Benachteiligung zu durchbrechen und sicherzustellen, dass die Kinder gesund aufwachsen, eine Schulform besuchen können, die ihrer tatsächlichen Begabung entspricht und erfolgreich eine Ausbildung durchlaufen können. Das Angebot beginnt mit Mutter-Kind-Gruppen und einem Kindergarten. Es begleitet durch die gesamte Schulzeit bis zum Schulabschluss und hilft den Jugendlichen in eine Ausbildung. Im Rahmen einer Ausbildungsbegleitung erhalten junge Erwachsene die nötige Unterstützung, um sicher im Beruf anzukommen. Derzeit können rund 200 Betreuungsplätze zur Verfügung gestellt werden, rund 120 Erwachsene nutzen die Angebote eines angegliederten Familienzentrums.

Aicha beim Praktikum bei Basic.
 
Motivation durch Praktika

Es sei ihr sehr wichtig gewesen, dass sie Unterstützung erhalten hat. "Ich habe beim Lernen immer schnell verstanden, worum es geht. Und ich habe daran geglaubt, dass ich gut bin", meint sie selbstbewusst. Auch ihren Eltern sei ihr Lernerfolg wichtig gewesen, aber sie hätten ihr nicht helfen können. "Wichtig waren für mich die Praktika, die wir im Lichtblick ab dem Alter von zehn Jahren machen konnten. Mein erstes war im Basic Biosupermarkt. Über die Jahre habe ich so viele Betriebe, Berufe und Menschen kennengelernt und habe die Leute immer Löcher in den Bauch gefragt. Was sie machen, was sie gelernt haben und Ähnliches. So habe ich erfahren, was Schule bringen kann. Das hat mich nochmal mehr motiviert."

Inzwischen hat Aicha ihre Ausbildung zur Bankkauffrau abgeschlossen, lebt nicht mehr im Stadtteil Hasenbergl und kommt trotzdem immer noch in den Lichtblick. "Der Lichtblick ist immer noch mein Wegbegleiter und Stützpunkt, ich gehöre hier einfach dazu. Er gibt mir Sicherheit - auch jetzt noch", erläutert Aicha. Aber es geht noch um mehr: Sie will anderen helfen, es auch zu schaffen. "Aicha ist es ein Herzensanliegen, dazu beizutragen, dass es die nächste Generation leichter hat", meint Dörthe Friess, die stellvertretende Leiterin des Lichtblick.

Vorbild und Modell für die nächste Generation

Daher ist sie nun auch als Peer-Mentorin sehr aktiv - der Grund für ihre Ehrung durch die Staatsministerin. Beispiele für ihr Engagement sind Peer-to-Peer-Beratungen und Projekte mit jüngeren Lichtblick-Kindern, die gemeinsam mit Fachkräften durchgeführt werden. Zudem unterstützt sie im Lichtblick Partizipationsformate, wie die Vorbereitung des Stadtrats-Hearings zum Thema "Junges Wohnen in München" und die inhaltliche Planung der regionalen Armutskonferenz, die im Sommer 2023 im Lichtblick stattfinden wird. Aicha: "Mit dem Peer-Mentoring kann ich etwas zurückgeben. So kann ich mithelfen, dass es die Kinder aus dem Viertel leichter haben. Schließlich kenne ich diese Welt, aus der sie kommen, aus eigener Erfahrung."

Text: Lichtblick Hasenbergl / Gabriele Heigl